Hat sich in Deutschland eine Immobilienblase gebildet?

Immobilienblase Deutschland

Schon wieder streiten sich Experten zum Thema Immobilienblase.

Einerseits ist es klar, dass Immobilienpreise trotz der Coronakrise weiter gestiegen sind. So werden laut Forschungsinstitut Empirica heute sogar Immobilien in dünn besiedelten Regionen mittlerweile 20 Prozent über ihrem fairen Verkaufspreis gehandelt. In Wachstumsregionen wie Großstädten seien es sogar bis zu 50 Prozent. Mit anderen Worten: Auch im Umland und kleineren Städten ziehen Immobilienpreise jetzt stärker an, weil die Nachfrage in Großstädten noch wesentlich höher ist. 

Natürlich werfen solche Daten die Frage auf, ob sich in Deutschland eine Immobilienblase gebildet hat.

Was ist eine Immobilienblase?

Doch auch wenn zahlreiche Immobilieninvestoren sowie die Presse gern von einer Immobilienblase in Deutschland reden, besteht so eine nur, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind:

  • Wenn fast nur noch mehr aus Spekulationsgründen gekauft wird, und zwar in der Hoffnung, bald wieder für mehr verkaufen zu können. 
  • Wenn mehr gebaut als nachgefragt wird bzw. vorwiegend gebaut wird, um dem Appetit der Spekulanten gerecht zu werden.

Früher oder später führt ein solches Blasenszenario zu einem Einbruch des Markts, wenn plötzlich die Nachfrage für Neubauten nicht mehr da ist und es zu einem Angebotsüberhang gekommen ist. Grund dafür könnten striktere Leihkriterien der Banken sein, der Einbruch eines Immobilienfonds oder ein wirtschaftlicher Abschwung.

Eine Immobilienblase ist daher ein anhaltender, aber gleichzeitig zeitlich beschränkter Zustand von überbewerteten Preisen und ungezügelter Spekulation auf den Immobilienmärkten. 

Immobilienblase oder nicht: Die Lage in Deutschland

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Ob in Deutschland die Preisanstiege von Immobilien wirklich fast nur noch mehr von Spekulationen getrieben werden ist sicherlich zu verneinen: Das Angebot an Wohnraum bleibt weiterhin knapp. Somit werden die meisten Neubauwohnungen auch umgehend selbstgenutzt oder vermietet.

Zur Bekämpfung der Coronakrise wurde aber neues Geld in Umlauf gebracht wie nie zuvor: Dieser Effekt ist nun am Immobilienmarkt deutlich zu beobachten. Denn sowohl in Deutschland als auch zum Beispiel in den USA sind Immobilienpreise innerhalb der letzten drei Jahre noch stärker gestiegen.

Dass Zinsen noch niedriger sind und Kapital für Investoren noch zugänglicher ist ein wichtiger Faktor. Hinzu kommt, dass eine Verknappung der Baumaterialien und der Arbeitskräfte ebenfalls zu einer Verteuerung und Verlangsamung des Wohnungsbaus geführt hat. Dies hat Immobilienpreise in Deutschland weiter befeuert, sogar im Vergleich mit den USA und Großbritannien.

Quelle: OECD

Diagnose einer Immobilienblase: Auf welche Zahlen muss geachtet werden?

Welches sind also die Indikatoren, die uns verraten, ob der deutsche Immobilienmarkt sich bereits im Blasenbereich befindet?

KaufpreisMiete Verhältnis

Ein wichtiger Indikator für die Überbewertung einer Immobilie ist das Verhältnis des Kaufpreises zur Miete, welche für das Objekt bezahlt wird.

Denn die Jahresmiete geteilt durch den Kaufpreis stellt die Bruttorendite dar, die der Eigentümer vom Objekt erhält. Und umgekehrt ist der Kaufpreis geteilt durch die Jahresmiete der Multiplikator (oder Vervielfältiger, Kaufpreisfaktor).

Eine niedrige Rendite bzw. ein hoher Multiplikator bedeuten, dass es wesentlich länger dauern wird, mit den Mietzahlungen den Kaufpreis der Immobilie zurückzuverdienen. Steigen also die Kaufpreise stärker als die (in Deutschland stark regulierten) Mieten, so kann es zu einer Immobilienblase kommen. 

Quelle: OECD

Das Kaufpreis-Miete Verhältnis ist in Deutschland in den letzten drei Jahren eindeutig stark gestiegen, auch im internationalen Vergleich.

Preis-Einkommen Index

Der Preis-Einkommen Index entspricht dem Immobilienpreis geteilt durch das durchschnittliche jährliche Bruttoeinkommen einer Stadt oder eines Landes. Dieser gilt als Erschwinglichkeitsindikator. 

Auch hier ist in Deutschland ein deutlicher Anstieg in den letzten Jahren zu beobachten.

Quelle: OECD

Wo in Deutschland die Gefahr einer Immobilienblase am höchsten ist

In der Tat ist die Entwicklung der oben besprochenen Indikatoren in Deutschland auf den ersten Blick besorgniserregend.

Diese Entwicklung wurde vor allem von Immobilienpreisen in Großstädten getrieben. So belegen München und Frankfurt in der globalen Rangliste der Investmentbank UBS von Städten mit Blasenrisiko den ersten bzw. zweiten Platz. Laut Postbank Wohnatlas sind 2020 die Immobilienpreise in München um weitere 6.1% gestiegen, und in Frankfurt um 5.9%. Die beiden deutschen Großstädte mit den stärksten Anstiegen waren Hamburg (+9.7%) und Düsseldorf (+9.4%).

Preisanstiege und Quadratmeterpreise bleiben jedoch je nach Stadt und Region in Deutschland sehr ungleich. So bleiben besonders im Osten und auch in Teilen des Nordwestens die Immobilienpreise niedrig, und die Multiplikatoren auch. Man kann daher nicht von einer flächendeckenden deutschen Immobilienblase reden.

Preiskorrektur in Großstädten möglich

Zwar kann es gut sein, dass Immobilienpreise in München, Frankfurt und weiteren deutschen Großstädten von nun an mehrere Jahre stagnieren oder sogar leicht sinken. Die Voraussetzungen für einen Immobiliencrash wie damals in den USA liegen in Deutschland aber nicht vor. 

Denn die langfristigen Aussichten für den Immobilienmarkt in Deutschland bleiben positiv, vor allem wenn die Zinsen weiterhin niedrig bleiben. Außerdem ist Wohnraum in Metropolen nach wie vor knapp. Und deutschlandweit gibt es sogar Zeichen einer wieder wachsenden Bevölkerung. All dies deutet auf eine weitere nachhaltige Nachfrage nach Wohnraum in Deutschland, und nicht nur von Spekulanten.

2 Gedanken zu „Hat sich in Deutschland eine Immobilienblase gebildet?“

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  2. Hi,
    sehr interessanter Artikel.
    In dem Punkt, dass es in den nächsten Jahren so weitergeht stimme ich Dir jedoch nicht zu. Sollte das Migrationslevel so bleiben wie in den letzten 5 Jahren, dann werden wir einen starken Einbruch in den nächsten 20 Jahren haben. Denn die Bevölkerung wird trotzdem schrumpfen. Die sogenannten Babyboomer kommen in einem Alter in denen diese am Lebensende sind. Dieser Bevölkerungsteil macht aber einen sehr großen Anteil aus, der in einer eigenen Immobilie lebt. Sprich der Markt wird regelrecht geflutet.

    Gruß
    Thomas

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