Welche Mittel ergreift der Staat, wenn er seine Schulden nicht mehr zurückzahlen kann?
Schulden loswerden will der Staat am liebsten durch Inflation. Kommt es aber nicht dazu, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden: Neben Steuererhöhungen kämen dann auch Enteignungen in Frage.
So hat in der Vergangenheit der deutsche Staat zweimal einen Teil seiner Schulden an Immobilieneigentümer abgewälzt, um sie an deren Rückzahlung zu beteiligen. Und dies, indem Immobilieneigentümern eine Zwangshypothek verordnet wurde.
Was ist eine Zwangshypothek?
[optin-monster slug=“dkl4i9wi9zyig4d10wit“]Die Zwangshypothek ist eine Sicherungshypothek, die per Gesetz und – ohne Bewilligung des Immobilieneigentümers – vom Gläubiger beantragt und ins Grundbuch eingetragen wird.
Denn laut Grundgesetz § 14 Abs. 2 verpflichtet Eigentum, und sein Gebrauch soll dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Zumindest wird diese Auslegung des Grundgesetzes benutzt, um eine dermaßen radikale Maßnahme wie die Zwangshypothek zu rechtfertigen.
Die Zwangshypothek ähnelt der Zwangsvollstreckung (§867 ZPO), somit käme es zu einer Zwangsversteigerung, sollte der betreffende Immobilieneigentümer seine Raten nicht an den Staat zahlen.
Sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg (1923 und 1952) wurde die Zwangshypothek genutzt, um Grundbesitzer an der Rückzahlung der Staatsschulden zu beteiligen. Die Zwangshypothek wirkt wie eine Zusatzsteuer für Grundeigentümer, da Immobilien nach einer Währungsreform ihren Wert nicht verlieren. Denn angesichts der Hyperinflation erwiesen sich die ursprünglich eingeführten Zwangsanleihen schnell als wertlos.
1922: Zwangsanleihen
Um nach dem Ersten Weltkrieg die staatlichen Schulden abzutragen und die Reparationszahlungen zu finanzieren, führte der Staat anfänglich Zwangsanleihen ein. So mussten Personen mit einem bestimmten Vermögen dem Staat Geld leihen.
Da sich der Staat in dieser Nachkriegszeit vorwiegend durch die Notenpresse finanzierte, kam es schnell zu einer Hyperinflation. Die 1922 zugeteilten Zwangsanleihen wurden somit wertlos und fungierten im Rückblick als Vermögensabgabe.
1923: Währungsreform, Zwangshypothek, Mietenkontrolle
Die Hyperinflation wurde 1923 mit der Währungsreform bekämpft.
Zur Deckung des Kapitalbedarfs der neu gegründeten Zentralbank (die sogenannte Deutsche Rentenbank) wurden Grundeigentümer mit Zwangshypotheken belastet.
Außerdem griff die Regierung in den Mietmarkt ein, um starke Mietsteigerungen zu verhindern. Zwar war durch die Hyperinflation der Wert der Immobilien gestiegen, doch mussten Immobilieneigentümer mit Bankkrediten auch entsprechend höhere Zinsen zahlen und diese mit den relativ niedrigen Mieteinnahmen bedienen. Nicht alle Immobilieneigentümer waren daher durch die Hyperinflation besser gestellt.
1924: Hauszinssteuer
Im Jahr 1924 wurde die Hauszinssteuer (oder Gebäudeentschuldungssteuer) eingeführt, welche bis 1943 in Kraft war. Im Gegensatz zu Bargeld hatten Immobilien nicht durch die Hyperinflation ihren Wert verloren. Aber auch die Hypotheken der Immobilieneigentümer hatten sich entwertet. So wurden Grundbesitzer mit der Hauszinssteuer zur Kasse gebeten, indem Mieteinnahmen zusätzlich besteuert wurden. Mit dieser Maßnahme sollte mehr öffentlicher Wohnungsbau finanziert werden.
1952: Lastenausgleichsgesetz
Im Jahr 1952 wurde das sogenannte Lastenausgleichsgesetz eingeführt, um Opfer und Vertriebene des Zweiten Weltkriegs zu entschädigen. Damit wurden alle im Privatvermögen gehaltenen Immobilien mit einer Zwangshypothek zu Gunsten des deutschen Staates belastet. Diese Zwangshypothek musste in den folgenden 30 Jahren durch die Immobilien- und Grundstückseigentümer abbezahlt werden.
Einzahlen in den sogenannten Ausgleichsfonds mussten jene, die nach der Währungsreform (Umstellungsverhältnis von Reichsmark zur D-Mark von 10:1 für Barvermögen) noch über Vermögen verfügten. Dies betraf vor allem Immobilieneigentümer. Denn Immobilien hatten sich nicht entwertet. Und da sie unbeweglich sind, können sie leicht besteuert werden. Auch hier fungierte die Zwangshypothek somit als eine Art Vermögenssteuer.
Erneute Forderungen nach Zwangsabgaben
Es gibt immer wieder Stimmen in der Politik, die zur Rückzahlung von Staatsschulden eine Zwangsabgabe befürworten. Zum Beispiel Anfang der neunziger Jahre, als es um den „Aufbau Ost“ ging. Oder während der Finanzkrise im Jahr 2008.
Es ist daher nicht erstaunlich, dass solche Forderungen mit der Coronakrise heute wieder zum Vorschein kommen. Denn wer soll für die hohen Kosten der Krise am Ende aufkommen?
So forderte im April 2020 der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) einen erneuten Lastenausgleich. Natürlich macht sich auch die Linke für eine solche Vermögensabgabe stark.
Die @Linksfraktion fordert eine einmalige #Vermögensabgabe von Deutschlands Superreichen, um die Mehrausgaben im Zuge der Krise zu bezahlen. Mein Kollege @FabioDeMasi hat das heute in der @tagesschau erklärt – und ich nochmal hier.https://t.co/wbzmOUEVJ8 pic.twitter.com/KUKWFtIg2s
— Stefan Liebich (@berlinliebich) November 3, 2020
Und nicht nur Immobilieneigentümer könnten einer neuen Zwangsabgabe unterliegen. Auch Krisenprofiteure wie zum Beispiel der Online- oder Lebensmittelhandel könnten zum Opfer höherer Steuern oder zumindest einer Sonderabgabe werden.
Sicherlich wird uns diese Frage lange Zeit beschäftigen. Wie – und ob – am Schluss für Corona gezahlt wird hängt sehr von der Konstellation der nächsten Bundesregierung ab.
Fazit: Immobilienpreise werden steigen, der Druck auf Eigentümer auch
Angesichts des stark gewachsenen Immobilienvermögens der Deutschen und der gleichzeitig ständig steigenden Staatsverschuldung leuchtet es ein, dass die Politik mit neuen Maßnahmen liebäugelt, um Immobilieneigentümer zusätzlich zu belasten.
Denn ob Mietenkontrolle, Vermögenssteuer, Vermögensabgabe oder Zwangshypothek – alle vier sind eine Form der Enteignung.
Ein gutes Beispiel ist die Berliner Wohnungspolitik, wo der sehr niedrig angesetzte (mittlerweile als nichtig erklärte) Mietendeckel bei steigender Inflation zahlreiche Kleinvermieter vom Markt hätte verdrängen können.
Auch wenn nach der Coronakrise – und gerade wegen der Krise – die Preise für Wohnimmobilien weiter steigen, wird es für Immobilieneigentümer umso wichtiger, sich auf höhere Steuern und noch mehr Regulierungen richtig vorzubereiten.
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen
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Es ist nicht zu glauben.Unsere Steuern werden zum Fenster raus geschmissen.Die Diäten werden ständig erhöht (wir erarbeiten diese üppigen Gehälter)und wenn nichts mehr da ist,dann geht man mal an das Eigentum der Bürger.Wir arbeiten unser ganzes Leben, um unsere Hauskredite abzuzahlen und kriegen nach ein paar Jahren keine großzügige Pension,die uns ein gemühtlichens Auskommen beschert.Man schämt sich nicht einmal für das,was man mit den Bürgern macht.Hauptsache,man kann selbst gut leben.