Steigende Mieten und Immobilienpreise führen vor allem in deutschen Großstädten dazu, dass die Politik immer lieber in den Wohnungsmarkt eingreift, um diesen zu regulieren. Dies in der Hoffnung, die Wählergunst der zahlreichen Mieter zu gewinnen. „Verdrängung“, „Mietenwahnsinn“ oder „Mietenexplosion“ gehören zu den Schlagwörtern, die in den politischen Kampagnen der Linksparteien oft benutzt werden. Stadt- und Bezirksverwaltungen greifen daher zunehmend ein und benutzen den Milieuschutz als Mieterschutz.
Leider ist dies – wie so oft – nur eine Politik, die kurzfristig vielleicht einer bestimmten Klientel helfen mag. Langfristig werden die Probleme am Wohnungsmarkt aber dadurch nur verschärft.
Das Geschäftsmodell von Immobilieninvestoren kommt unter Druck
Die meisten Käufer von Mehrfamilienhäusern in Deutschland sind Immobilieninvestoren. Typischerweise wird ein Investor die Immobilie sanieren wollen, um anschließend Mieten zu erhöhen und die Wohneinheiten in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Das ist das durchaus nachvollziehbare Geschäftsmodell des Investoren, der durch die Schaffung von Mehrwert seine Rendite und den Wert der Immobilie steigern möchte.
Da sich viele Mieter die höheren Mieten jedoch nicht mehr leisten können, werden sie ausziehen müssen. („Verdrängung“).
Ganz besonders in Berlin hat sich daher die rot-rot-grüne (R2G) Regierung zum Ziel gesetzt, den Kauf durch solche Immobilieninvestoren zu erschweren, in dem die Stadt durch ein Vorkaufsrecht selber die Immobilie erwirbt.
Vom Milieuschutz zum Mieterschutz
Soziale Erhaltungsgebiete nach §172 BauGB, auch „Milieuschutzgebiete“ genannt, sind daher zu einem beliebten Werkzeug der Politik geworden, um den Hauskauf und die anschließende Sanierung und Umwandlung durch Investoren zu bremsen. Und angeblich Mieter dadurch zu schützen.
Gutachten, die für die Ausweisung von #Milieuschutzgebieten maßgeblich sind, offenbaren gravierende methodische und inhaltliche Schwächen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der empirica AG. pic.twitter.com/0viLotQlsN
— IVD Bundesverband (@ivd_immobilien) August 27, 2020
Über Milieuschutzgebiete kann bestimmt werden, wenn eine Stadt die städtebauliche Eigenart oder die soziale Zusammensetzung der Anwohner erhalten will. Die Erhaltungssatzung muss die Stadt für jedes Gebiet alle fünf Jahre erneuern.
Vorkaufsrecht als Druckmittel
In Milieuschutzgebieten steht den Bezirken ein Vorkaufsrecht gemäß § 24 BauGB zu. Dies soll benutzt werden, falls eine Gefahr besteht, dass der Käufer der Immobilie diese saniert oder aufteilt, um Mieten zu erhöhen.
Damit der Bezirk sein Vorkaufsrecht nicht ausübt, muss sich der Erwerber der Immobilie beim Hauskauf verpflichten, die Erhaltungsvorgaben des Bezirks einzuhalten. Dafür muss eine Abwendungsvereinbarung unterschrieben werden.
Abwendungsvereinbarung zur Vermeidung des Vorkaufs
Mit der Abwendungsvereinbarung muss in einem Milieuschutzgebiet für einen langem Zeitraum (z.B. 20 Jahre) auf Luxussanierungen, Zusammenlegungen von Wohnungen und die Umwandlung in Wohneigentum oder Büroräume verzichtet werden. Eine energetische Sanierung ist nur erlaubt wenn gesetzlich vorgeschrieben.
So musste zum Beispiel in Berlin der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen für 16 Häuser in Milieuschutzgebieten in mehreren Bezirken eine solche Abwendungsvereinbarung abschließen.
Milieuschutz bremst den Neubau
Das Vorkaufsrecht der Stadt wird als Instrument eingesetzt, um Umwandlungen und Sanierungen zu vermeiden.
Mit anderen Worten um das zu vermeiden, was für einen Immobilieninvestor am sinnvollsten und attraktivsten wäre. Dies kann nur bedeuten, dass langfristig die Instandhaltung des Gebäudes leiden wird, und, früher oder später, auch die Mieter.
Es bedeutet ebenfalls, dass das unter Milieuschutz stehende Gebiet für Investoren weniger attraktiv wird. Wer sich darüber freut, denkt zu kurzfristig: Ein solches Verhalten der Politik ist nicht nur schlecht für den Neubau (auch hier braucht man Investoren), sondern auch für den Steuerzahler allgemein. Denn woher sollen die Gelder für den Vorkauf dieser Häuser kommen? Nun sind es die Investoren, die mit ihrem Kapital verdrängt werden.
„Es werden weitere soziale Erhaltungsgebiete entstehen und das Vorkaufsrecht kann in allen Milieuschutzgebieten ein Instrument sein, die Bewohnerinnen und Bewohner besser vor Verdrängung zu schützen.“
Ehemalige Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher.
Durch das Vorkaufsrecht wird eine traditionelle, marktübliche Kaufabwicklung verzögert, in manchen Fällen sogar verhindert oder blockiert. Hinzu kommt, dass der Bezirk bei einem Vorkauf oft versucht, den Preis des Objekts lediglich auf den Verkehrswert herabzusetzen. Dies obwohl theoretisch das Vorkaufsrecht zum zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarten Kaufpreis ausgeübt werden sollte. Bei einer Herabsetzung des Kaufpreises hat der Verkäufer das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Milieuschutz als Vorwand zur Preiskontrolle?
Somit fungiert Milieuschutz ebenfalls als ein Instrument der Preiskontrolle für Immobilien. Eine gefährliche Maßnahme, die den Markt nur noch weiter verzerren würde, vor allem nach der Einführung vom Berliner Mietendeckel.
Einige Berliner Politiker und Mietaktivisten träumen bereits davon, die ganze Hauptstadt unter Milieuschutz zu stellen. Oder sogar einen Kaufpreisdeckel für Immobilien einzuführen.
Denke Verkauf an sich nicht, aber man könnte ggf den Kaufpreis analog zum Mietendeckel begrenzen bzw. durch öffentliches Preisrecht gestalten. Aber dazu bräuchten wir erst ein Mietenkataster…
— Katrin Schmidberger (@kaddinsky) October 2, 2020
Wichtig ist, dass der Milieuschutz dem Investorenvertrauen noch mehr schadet. Denn das, was Berlin am meisten braucht – neue Wohnungen – wird noch weiter verhindert. Zum Beispiel kommen durch die Einschränkungen der Umwandlungen weniger Familien dazu, sich eine passende Eigentumswohnung zu kaufen.
Auch in anderen deutsche Großstädten wird Milieuschutz eingesetzt, meistens aber ohne die politische Agenda, mit welcher er in Berlin umgesetzt wird. Zum Beispiel setzt in München die Stadtverwaltung schon seit 30 Jahren auf die Erhaltungssatzung. Dort aber vielmehr als städtebauliche Maßnahme als zum Mieterschutz.