Der Mietendeckel sollte eine Atempause für den Berliner Wohnungsmarkt sein. Er sollte dafür sorgen, dass Wohnraum für Mieter erschwinglich bleibt.
Ein Jahr Mietendeckel: Die Bilanz ist desaströs
Nach einem Jahr Mietendeckel sieht die Bilanz ganz anders aus. Das Angebot an Mietwohnungen ist gesunken, und Vermieter erhalten für eine leerstehende Bestandswohnung noch mehr Anfragen als zuvor – sehr oft hunderte. Dies trotz des geringeren Zuzugs in die Hauptstadt, welcher durch die Coronakrise signifikant abgenommen hat.
Freund hat 1,5-Zimmer-Apartment mit normaler Mietspiegel-Miete in #Steglitz ausgeschrieben. Nach 2 Tagen mehr als 500 Interessenten. Die #Miete ist offensichtlich kein Problem in #Berlin sondern das fehlende Angebot. #Mietendeckel #R2G #Abwahl
— Anschi (@Anschi48344952) March 2, 2021
In ihrer Studie „Ein Jahr Mietendeckel: Wie hat sich der Berliner Immobilienmarkt entwickelt?“ kommen die Experten vom Ifo-Institut zu einer interessanten Schlussfolgerung: Mieten und Kaufpreise sind zwar im vom Mietendeckel regulierten Segment weniger stark gestiegen als in anderen deutsche Großstädten, im unregulierten Segment (Neubau, bezugsfrei nach Januar 2014) dafür umso stärker.
Somit hat der Mietendeckel lediglich zu einer Umwälzung im Wohnungsmarkt geführt: Bestandsmieter profitieren zwar momentan von künstlich niedrigen Mieten, dementsprechend verknappt sich auch das Angebot. Und darauf reagieren die Marktmieten im unregulierten Segment.
Leerstehende Eigentumswohnungen werden zunehmend verkauft
Leerstehende Wohnungen auf dem regulierten Mietmarkt werden außerdem viel eher verkauft als neu vermietet, weil sich die Vermietung nicht mehr lohnt.
Profitieren davon tun vor allem jene, die sich das Eigentum leisten können, für sich selber oder zum Beispiel für ihre Kinder, die in Berlin studieren wollen.
Berliner Mietern wurde nicht geholfen
Wer sich weder eine Neubauwohnung zur Miete oder den Kauf einer Eigentumswohnung leisten kann, ist der große Verlierer. War das nicht ausgerechnet das Publikum, dem der Mietendeckel helfen sollte?
Hinzu kommt, dass das Scheitern des Mietendeckels vor dem Bundesverfassungsgericht auch für Bestandsmieter äußerst schädlich werden könnte. Nämlich falls sie die Differenz zwischen Vertragsmiete und Deckelmiete nachträglich an ihren Vermieter zurückzahlen müssen. Die meisten Haushalte werden diesen Betrag nicht zur Seite gelegt haben – es droht somit eine Kündigungswelle.
Mit diesem Marktinterventionismus hat sich der rot-rot-grüne Senat leider wiedermal verrechnet. Es sei denn, der Mietendeckel war lediglich populistische Propaganda, deren Konsequenzen der Politik ziemlich egal sind.